EXKURS - Kräfte in der Physik |
Immer wieder trifft man im Alltag auf Begriffe, die das Wort "Kraft" enthalten. Neben der "Waschkraft" und dem "Kraftmüsli" liest man auch häufig von der "Willenskraft" oder der "Überzeugungskraft". Was aber ist nun genau Kraft? Aus naturwissenschaftlicher Sicht erkennt man Kräfte an ihrer Wirkung. Dabei unterscheidet man zwei Arten der Kraftwirkung:
1) Kräfte haben eine beschleunigende Wirkung:
Kräfte können beispielsweise die Geschwindigkeit eines Körpers erhöhen oder verringern. Ebenso können Kräfte aber auch die Bewegungsrichtung eines Körpers verändern. Ändert sich allgemein der Bewegungszustand eines Körpers, so sagt man, dass der Körper beschleunigt wird. Und Kräfte sind nun verantwortlich für diese Beschleunigung.
2) Kräfte haben eine verformende Wirkung:
Zum Spannen eines Gummis benötigt man eine Kraft. Ebenso sind natürlich auch Kräfte im Spiel wenn sich ein Holzbrett durchbiegt oder eine Matratze eingedrückt wird. Bei all diesen Fällen kommt es zu Verformungen der Körper.
Wir stark aber nun ein Körper verformt oder beschleunigt wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab:
1) Der Angriffspunkt:
Ein dünnes Holzbrett kann sich auf ganz verschiedene Arten verformen, obwohl jeweils die gleiche Kraft auf das Holzbrett wirkt. Dabei ist für die Verformung jedoch entscheidend, wo genau die Kraft auf das Brett wirkt.
2) Die Richtung der Kraft:
Wie oben dargestellt kann sich durch eine Kraft die Bewegung eines Körpers ändern. Kennt man die Richtung, in der die Kraft wirkt, so kann man entscheiden, ob der Körper schneller wird, abgebremst wird oder auf eine Kurve gezwungen wird.
3) Der Betrag der Kraft:
Wer ist nun aber der stärkste? Um diese Frage beantworten zu können, benötigt man eine Einheit für die Kraft. Zu Ehren des großen Physikers Sir Isaac Newton gibt man Kräfte in der Einheit ?Newton? an. Mit Kraftmessern können dann auch Kräfte gemessen und verglichen werden.
Will man nun Kräfte unter Berücksichtigung der obigen Punkte darstellen, so eignen sich am besten Pfeile. Dabei steht die Länge des Pfeils für den Betrag der Kraft. Dazu muss natürlich ein geeigneter Maßstab festgelegt werden. Die Richtung des Pfeils zeigt die Richtung der Kraft an und den Angriffspunkt der Kraft zeigt der Anfangspunkt des Pfeils an:
Beispiel:In den Naturwissenschaften gibt es zahlreiche Größen, bei denen nicht nur der Betrag, sondern auch die Richtung eine Rolle spielen. Solche Größen nennt man Vektoren. Im Gegensatz dazu werden Größen ohne Richtung Skalare genannt.
Zusammenfassung:• Kräfte haben eine verformende oder beschleunigende Wirkung.
• Die Wirkung der Kraft hängt vom Angriffspunkt, der Richtung und dem Betrag der Kraft ab.
• Das Formelzeichen für Kraft ist: F
• Die Einheit der Kraft ist 1 Newton (1000N = 1 KN).
• Zur Messung von Kräften kann man sogenannte Federkraftmesser benutzen.
• Kräfte sind Vektoren, das heißt, Kräfte haben einen Betrag (z.B. F=4,9N) und eine Richtung (z.B. zum Erdmittelpunkt).
• Kräfte lassen sich als Pfeile darstellen:
Die Gewichtskraft FG:Insbesondere im Brückenbau spielt die Gewichtskraft ein große Rolle. Ein fundamentales Grundgesetz der Physik besagt, dass sich alle Massen gegenseitig anziehen. Entscheidend ist dabei die Größe der beiden Massen und deren Abstand. Aus diesem Grund werden alle Körper von der großen Masse der Erde angezogen.
Misst man bei verschiedenen Körpern die Masse und die Gewichtskraft, so stellt man fest, dass die beiden Größen zueinander proportional sind. Ein Körper mit doppelter Masse hat also auch die doppelte Gewichtskraft; ein Körper mit dreifacher Masse hat auch die dreifache Gewichtskraft, usw.... Der Quotient Gewichtskraft durch Masse, der sogenannte Proportionalitätsfaktor, ist also an einem bestimmten Ort konstant. Aber je nach dem, an welchem Ort die Messungen durchgeführt werden, nimmt der Quotient unterschiedliche Werte an. Das liegt an der unterschiedlichen Größe der Massen, die sich gegenseitig anziehen. Aus diesem Grund nennt man in diesem Fall diesen Quotienten Ortsfaktor g. Er hat die Einheit 1 N/kg. Die Tabelle zeigt verschiedene ausgewählte Beispiele:
Ort | Erde | Mond | Mars | Jupiter | Merkur |
Ortsfaktor in N/kg | 9,81 | 1,62 | 3,71 | 24,79 | 3,70 |
Der konstante Ortsfaktor g lässt sich also über den Quotienten berechnen: | g= FGm |
Durch Äquivalenzumformungen lässt sich diese Formel umstellen. Für die Gewichtskraft ergibt sich: | FG=m ⋅ g |
Für die Masse gilt: | m= FGg |
Für schnelle Rechnungen kann man ohne Bedenken einem Wert von g≈10 N/kg auf der Erde annehmen. Eine 100g Tafel Schokolade hat also auf der Erde eine Gewichtskraft von etwa FG=1N. In der Schwerelosigkeit hat diese Tafel eine Gewichtskraft von FG=0N . Auf dem Planeten Jupiter hingegen hätte diese Tafel Schokolade eine Gewichtskraft von FG=25N.
In vielen Situationen greifen jedoch zwei oder mehrere Kräfte an einem Körper an. Vielleicht schaffen es Max und Tobias zusammen ein Auto anzuschieben. Wenn Max eine Kraft von 700N und Tobias eine Kraft von 400N aufbringen können, so haben sie gemeinsam, falls sie in die gleiche Richtung drücken, eine Kraft von zusammen 1100N. Ist diese Kraft ausreichend, so setzt sich das Auto in Bewegung. Das Auto würde sich natürlich genauso in Bewegung setzen, falls ein starker Mann eine Kraft von 1100N aufbringen würde. In diesem Fall, wenn Max und Tobias genau in die gleiche Richtung drücken, darf man die Kraftbeträge einfach addieren. Betrachtet man nun die Kraftpfeile, so setzt man diese einfach aneinander. Als resultierenden Kraftpfeil erhält man einen Pfeil, der vom Anfang des ersten Pfeils zur Spitze des zweiten Pfeils geht.
Jetzt wollen Max und Tobias ihre Kräfte vergleichen. Beide drücken genau in entgegengesetzter Richtung an dem Auto. Max ist natürlich mit einer Kraft von 700N im Vorteil. Langsam wird das Auto von Max angeschoben werden. Die Kraft von Tobias mit seinen 400N ist nicht ausreichend um das Anrollen des Autos aufzuhalten. Das Auto würde sich aber in diesem Fall sehr langsam in Bewegung setzen. Genau so wie wenn eine Person mit einer Kraft von 300N das Auto anschiebt. Da beide Jungen in genau entgegengesetzter Richtung drücken, ist nun die Differenz der beiden Kraftbeträge ausschlaggebend. Wieder kann man die Kraftpfeile von Max und Tobias einfach aneinander setzen. Die jeweilige Richtung muss natürlich beachtet werden.
Jetzt befestigen Max und Tobias Seile vorne am Auto. Wieder ziehen beide mit ihren Kräften von 700N und 400N, allerdings zieht Max an seinem Seil nach vorne rechts und Tobias zieht an seinem Seil nach vorne links. Die Seile haben dann einen Winkel von 80°. Natürlich können sie so das Auto in Bewegung setzen. Aber wird das Auto genau so anrollen wie wenn eine Person mit 1100N nach vorne zieht? Da sie beide nicht genau nach vorne ziehen, wird die resultierende Kraft wahrscheinlich deutlich weniger betragen. Um den genauen Betrag der resultierenden Kraft bestimmen zu können, benötigt man nun die Kraftpfeile. Wieder kann man die beiden Kraftpfeile von Max und Tobias aneinander setzen. Der resultierende Kraftpfeil beginnt am Anfang des ersten Pfeils und endet an der Spitze des zweiten Pfeils. Über den Maßstab kann man so den Betrag der resultierenden Kraft zeichnerisch bestimmen. Max und Tobias setzen das Auto also genauso in Bewegung wie wenn eine Person mit 860N am Seil ziehen würde. Die Richtung dieser einen resultierenden Kraft ist ebenso in der Darstellung mit den Kraftpfeilen erkennbar. Mit 860N müsste man leicht nach rechts ziehen. Dann bewegt sich das Auto genauso wie wenn Max und Tobias zusammen an den Seilen ziehen.
Was haben nun alle drei Fälle gemeinsam? Die Darstellung mit den Kraftpfeilen führt zu richtigen Ergebnissen. In allen drei Fällen wurde der zweite Pfeil an die Spitze des ersten Pfeils gesetzt. Der resultierende Kraftpfeil beginnt jeweils am Anfang des ersten Pfeils und endet an der Spitze des zweiten Pfeils. Dabei ist die Reihenfolge der Pfeile unbedeutend. Auch wenn man die Pfeile in einer anderen Abfolge aneinander setzt, man erhält immer den gleichen Pfeil für die resultierende Kraft. Es entsteht ein sogenanntes Kräfteparallelogramm.
Regel:Greifen mehrere Kräfte an einem Körper an, so erhält man die resultierende Kraft indem man alle Kraftpfeile mit ihre Pfeillänge und Pfeilrichtung aneinander setzt. Der resultierende Kraftpfeil beginnt am Anfang des ersten Pfeils und endet an der Spitze des letzten Pfeils. Die resultierende Kraft hat auf den Körper die gleiche Kraftwirkung wie die einzelnen Kräfte zusammen.
Kräftegleichgewicht:In besonderen Fällen ist der Betrag der resultierenden Kraft 0. Dann heben sich die Kräfte auf. Man sagt, die Kräfte sind in einem Kräftegleichgewicht. Ein Körper der in Ruhe ist, bleibt dann in Ruhe. Es kommt zu keiner beschleunigenden Kraftwirkung, allerdings können die Kräfte durchaus zu Verformungen führen.
Hanna kommt vom Strand und möchte ihr nasses Handtuch auf einer Wäscheleine aufhängen. Die Wäscheleine ist aber schon alt und kann nicht mehr soviel aushalten. Wie groß sind also die Kräfte in der Leine, wenn sie ihr 3 kg schweres Handtuch (Gewichtskraft circa 30N) aufhängt?
In der Zeichnung ist schematisch das Handtuch eingezeichnet. Ebenso ist bereits maßstäblich die Gewichts FG = 30N eingezeichnet. Dies Gewichtskraft zieht also das Handtuch nach unten. Damit das Handtuch nun aber nicht runter fällt, muss die Wäscheleine eine Gegenkraft aufbringen. Diese Gegenkraft FG* ist also der Gewichtskraft entgegengerichtet und hat den gleichen Betrag von 30N. Diese beiden Kräfte befinden sich im Kräftegleichgewicht.
Da aber die Leine nicht in die Richtung der Gegenkraft FG* gespannt ist, kann die Leinenkonstruktion keine Kraft in diese Richtung ausüben. Nur Kräfte in Richtung der Leinen sind möglich. Diese Kräfte F1 und F2 könnten zusammen addiert aber genau als resultierende Kraft die Gegenkraft FG* ergeben. Dann würden F1 und F2 zusammen die Gewichtskraft FG des Handtuchs ausgleichen; die Konstruktion wäre im Gleichgewicht. Wie konstruiert man nun aber die Kraftpfeile der Kräfte F1 und F2? Wie bei der Addition von Kräften müssen die Kraftpfeile ein Kräfteparallelogramm aufspannen. Aus diesem Grund sind in der Abbildung unten jeweils die Parallelen durch die Spitze des Kraftpfeils FG* eingezeichnet.
Jetzt können auch die Kraftpfeile von c festgelegt werden. Das zuvor eingezeichnete Parallelogramm gibt die Richtung und die Länge der beiden Kraftpfeile vor. Mit Hilfe des Maßstabs ergibt sich für die Kraft im linken Leinenabschnitt F1=54N und im rechten Leinenabschnitt F2=57N. Wenn die Leine Kräfte über 57N aushält, dann kann Hanna ihr nasses Handtuch ohne Sorgen aufhängen. Reißt die Leine aber aufgrund des Alters schon bei einer geringeren Kraft, so sollte Hanna einen anderen Ort zum Trocknen suchen.
Das Beispiel zeigt, dass die Kräfte im linken und im rechten Seilabschnitt nicht gleich groß seien müssen. Ebenso erkennt man an den Kraftbeträgen von F1 und F2, dass die Leine infolge der größeren Kräfte im rechten Leinenabschnitt reißen würde.
Zusammenfassung:Die Kraft FG* wurde mit Hilfe eines Kräfteparallelogramms in die zwei Komponenten F1 und F2 zerlegt. Addiert man umgekehrt die Kräfte F1 und F2, so ergibt sich als resultierende Kraft die Gegenkraft FG*.
Aufgaben zu Kräften im Allgemeinen:
Aufgabe 1: KraftmesserAufgaben zur Addition von Kräften:
Aufgabe 4: SeilziehenAufgaben zur Zerlegung von Kräften:
Aufgabe 10: KraftmesserVermischte Aufgaben:
Aufgabe 20: Einkaufswagen